Blood, gore and TMI – mein Geburtsbericht

Neben mir atmet es leise und ein wenig hektisch. Während ich schreibe, liegt mein eine Woche altes Kind im Beistellbett neben mir und macht, was Neugeborene so machen. Also nichts Spezielles: atmen, ein bisschen quengeln und glucksen, und irgendwie winzig und niedlich und seltsamerweise ein vollständiger Mensch sein.

Vor einer Woche habe ich diesen winzigen, vollständigen Menschen auf die Welt gebracht. Und das war so:

Wie es irgendwie losging

Angeblich lassen sich ja echte Geburtswehen ganz einfach von Vorwehen oder Braxton-Hicks-Kontraktionen unterscheiden. Sucht man im Internet, findet man ständig tolle Aussagen wie diese: „Echte Wehen erkennst du einfach!“ Oder: „Du weißt dann ganz einfach, dass es losgeht!“ Tja, was soll ich sagen: Ich wusste es nicht. Der Übergang war bei mir fließend, genauso fließend, wie er schon bei meinen stärkeren Vorwehen gewesen war. Dieses intuitive, ominöse „Wissen, dass es jetzt losgeht“ stellte sich bei mir einfach nicht ein.

Am Donnerstagmorgen hatte ich meinen letzten geplanten Termin bei der Ärztin. Kurz davor hatte ich angefangen, leicht zu bluten, was eigentlich nichts heißen muss, außer: Irgendwann die nächsten Tage geht es wahrscheinlich los. Außer, es dauert noch zwei Wochen. Da die Ärztin nach einem Blick auf CTG und Muttermund aber meinte, es würde sie nicht überraschen, wenn es spätestens am Wochenende so weit sei, schöpfte ich Hoffnung, dass meine ständigen Vorwehen endlich in echten Wehen enden könnten.

Nach dem Termin liefen mein Liebster und ich noch etwas durch die Stadt, aßen eine Kleinigkeit zu Mittag, kauften andere Kleinigkeiten ein. Bewegung soll die Wehentätigkeit ja anregen, also bewegte ich mich, bis ich keine Lust mehr hatte. Dann fuhren wir nach Hause. Der Liebste ging arbeiten, und ich trackte meine Wehen.

Irgendwann merkte ich: Die Wehen werden länger, die Abstände kürzer und regelmäßiger. Das hatte an sich nichts zu heißen, das war schon bei meinen Vorwehen so gewesen und hatte mich übel aufs Glatteis geführt. Dieses Mal wurden die Schmerzen aber doch etwas stärker. Noch nicht wirklich richtig schmerzhaft, aber ich dachte mir doch: Besser ein weiteres Mal unnötig ins Krankenhaus, als versehentlich im Taxi gebären. Und so fuhren wir gegen 21 Uhr nach einer Folge Columbo, einem gemütlichen Abendessen und bei einem Wehenabstand von fünf bis sechs Minuten los.

Pläne sind toll! (So lange sie halten.)

Ich schrieb an anderer Stelle schon, dass Informationsbeschaffung für mich eine Möglichkeit ist, mit Unsicherheit umzugehen. Als Vorbereitung auf die Geburt hatte ich darum viel gelesen und recherchiert. Ich hatte ich viele subjektive Berichte in Foren und Blogs gelesen, weil mich gerade das individuelle Erleben interessierte. Ergänzend und zur Einordnung hatte ich mir auch das Buch „The Thinking Woman’s Guide to a Better Birth“ von Henci Goer besorgt. Das Buch ordnet wissenschaftliche Studien aus dem Geburtskontext ein und diskutiert die Lücke zwischen Forschung und Praxis, wo sie vorhanden ist. Und das ist häufiger der Fall, als ich gedacht hätte. Zum Beispiel kommen die meisten Studien zum Thema Dammschnitt vs. Dammriss zu dem Schluss, dass ein Riss vorzuziehen ist: Er heilt meist schneller, ist insgesamt komplikationsärmer und meist weniger tief. Trotzdem gilt in der Praxis oft noch die Meinung, ein Schnitt sei einem Riss vorzuziehen.

Aus Henci Goers Buch habe ich auch den wertvollen Tipp, mir die Kaiserschnittstatistiken von Krankenhäusern der Umgebung anzuschauen, um herauszufinden, welche Ärzt*innenteams besonders ungeduldig und damit schneidfreudig sind. Und, mir einen Geburtsplan zu machen. Das ist eine Art Liste, auf der ich meine Wünsche und Vorstellungen einer idealen Geburt notiere. Immer mit der Wahl, sie bei unerwarteten Ereignissen über Bord zu werfen.

Was ich noch tun sollte.

Pain!

Als wir im Krankenhaus eintrafen, waren die Abstände zwischen den Wehen auf etwa viereinhalb Minuten geschrumpft, die Schmerzen dafür aber deutlich stärker geworden. Die Hebamme, die mich in Empfang nahm, untersuchte den Muttermund. Ihr Befund erschreckte mich etwas: „Fingerdurchlässig“ war der Muttermund, was bedeutet, dass die Wehen bis dahin so gut wie nicht produktiv gewesen waren.

Es ist bei Wehen nicht unwichtig, wie eins damit arbeitet. Im Geburtsvorbereitungskurs habe ich gelernt, dass es wichtig ist, in die Wehen hineinzuatmen, sich zu entspannen, die Muskeln locker zu lassen, das Becken nach hinten zu kippen. Und immer weiter zu atmen, atmen, ruhig atmen. Denn Wehen sollen „muttermundwirksam“ sein, „produktiv“ sein. Sie sollen den Muttermund Wehe für Wehe weiten, bis das Kind durchpasst. Was bei etwa 10 cm Muttermundöffnung der Fall ist.

Entsprechend erschreckend fand ich die Diagnose der Hebamme, „fingerdurchlässig“. Der Muttermund war noch so gut wie geschlossen, und „fingerdurchlässig“ war er beim Besuch meiner Ärztin am Morgen schon gewesen. Was bedeuten musste, dass es noch eine Weile so weitergehen konnte… Und die Wehen folgten schon dicht aufeinander, und auch den Wehenschmerz empfand ich als wirklich schmerzhaft.

Der Hebamme entging nicht, wie ich mich unter dem Wehenschmerz wand, während sie mich ans CTG anschloss und mir das erste Schmerzmittel verabreichte: Buscopan. „Sie sind eine Kandidatin für eine PDA„. Der erste Gedanke, der mir daraufhin durch den Kopf schoss, war: „Boah! Was soll das denn jetzt? Wie unverschämt! Ich bin doch kein Weichei!“, sofort gefolgt von „Ach shit, egal, diese f*cking Schmerzen!!! Gib mir SCHMERZFREIHEIT!“

Ich war klug und sagte einfach nichts.

Nach dem CTG wurde ich stationär aufgenommen. Die Hebamme bot mir ein Entspannungsbad an, und ich sollte bis dahin auf dem Zimmer warten. Während ich wartete, nahmen die Wehen richtig Fahrt auf: Die Abstände wurden kürzer, die Schmerzen stärker. Ich „veratmete“ die Wehen, so gut ich konnte, und wartete auf mein Entspannungsbad. Eine quälend lange Dreiviertelstunde später machte ich mich auf den Weg. Mein Körper reagierte, wie er immer auf starke Schmerzen reagiert, und ich sagte meinem Abendessen ein zweites Mal Hallo.

Die Wanne war tief genug, um mich und meinen Bauch vollständig im Wasser versinken zu lassen, und die Wehen wurden im warmen Wasser erträglicher. Zumindest kurz. Um dann schlimmer zu werden, viel schlimmer. Sie folgten schneller aufeinander, und ich schrie vor Schmerzen. Eine gute Stunde hielt ich es in der Wanne aus, versuchte, so gut ich konnte, zu entspannen und die Wehen „machen zu lassen“. Dann ging es einfach nicht mehr. Ich wollte raus, ich wollte mich irgendwie bewegen, irgend etwas gegen diese Schmerzen tun!

Bliss, thy name is PDA

Vor meine PDA hatte das Schicksal eine schlafende Anästhesistin gestellt, die zunächst geweckt werden musste. Inzwischen war es halb zwölf, und ich bezog unter Schmerzen den Kreißsaal. Mein Muttermund hatte sich auf 2 cm geweitet. Nach allem, was ich bis dahin gelesen hatte, hätte ich die PDA ablehnen müssen: Eine PDA kann die Wehentätigkeit schwächen und den Geburtsfortschritt sogar ganz aufhalten. Und dann einen Kaiserschnitt notwendig machen. Ich wusste aber, dass ich mich unter diesen Schmerzen auf keinen Fall entspannen können würde – und die Hebamme wusste das auch.

Zunächst bekam ich eine Schmerzspritze und irgendwann auch irgendwelches homöopathisches Zeugs, an das ich eh nicht glaube, aber mir war es egal. Alles, damit die Schmerzen weniger werden, alles. Es half nichts. Ich klammerte mich während der immer schneller kommenden Wehen am Gestell des Geburtsbettes fest und am Arm des Liebsten, ich schrie – und versuchte, zu atmen, atmen, entspannen, irgendwie – es war nicht möglich. Die Schmerzen hatten mich fest im Griff, mein Körper verkrampfte bei jeder Wehe und konnte sich in den kurzen Pausen nicht erholen.

„Ihre Wehen sind auch nicht lang genug“, sagte die Hebamme. Sie hatte wohl Recht. Sie dauerten weniger als eine Minute, kamen dafür aber zu schnell, zu oft. Und ich hielt es nicht aus. Ich lag nur noch da und wurde von einer Schmerzwelle in die nächste gedrückt.

Irgendwann gegen halb eins kam die Anästhesistin. Dann ging es recht schnell: Mir wurde ein Formular vorgelegt, das ich lesen und unterschreiben sollte. Zum Glück wusste ich, was eine PDA bedeuten kann, welche Risiken damit verbunden sind. Ich wäre in diesem Zustand nicht in der Lage gewesen, auch nur irgend etwas davon wirklich zu verstehen. Mein Rücken wurde großflächig desinfiziert (ich glaube, die haben eine ganze Sprühflasche Desinfektionszeug auf mir verbraucht), ich bekam ein Mützchen aufs Haar und irgendwas auf den Rücken geklebt, von dem ich später erfuhr, dass es eine Art Op-Fenster war, durch das der Eingriff statt fand. Zwischen zwei Wehen wurde ich örtlich betäubt, dann legte die Ärztin den Katheter zwischen die Wirbel. Ich spürte einige Male einen Druck, ein bisschen unangenehm, aber nicht sehr. Dann etwas Kühles.

Es dauerte einige Minuten, bis die PDA ihre Wirkung zeigte. Aber dann… Die Wehen wurden mit jedem Mal weniger schmerzhaft, bis nur noch der Druck blieb. Und endlich konnte ich mitatmen und entspannen. Ich war unglaublich dankbar.

Das Kind klemmt

Jetzt wurden die Wehen produktiv. Ich konnte mich entspannen, die beste Freundin und mein Liebster leisteten mir Gesellschaft und waren für mich da. Und der Muttermund öffnete sich langsam, Stück für Stück. Auch dank Wehentropf, der dafür sorgte, dass es weiter ging. Erst 4 cm. Die Fruchtblase platzte: Der point of no return. Dann 6, 8 und schließlich gegen kurz nach vier Uhr: 10 cm. Yes!

Leider hatte die Hebamme eine schlechte Nachricht für mich: Das Kind hatte nicht gut auf die letzten Wehen reagiert. Was das denn heißen würde, fragte ich. „Die Herztöne werden schwächer, wenn eine Wehe kommt. Wir wissen nicht, warum. Und das Köpfchen sitzt noch nicht im Becken. Wir müssen den Wehentropf ausstellen und hoffen, dass das Kind von alleine nach unten rutscht.“ Denn sonst wäre ein Not-Kaiserschnitt unumgänglich.

Gut. Also Becken in kopfrutschoptimale Haltung bringen – und bei abgestelltem Wehentropf und voll aufgedrehter (wehendämpfender) PDA: warten. Der Liebste war an diesem Punkt mit den Nerven fertig. Wozu ich denn die ganze Nacht durchlitten hätte? Irgendwie kam das nicht an mich ran. Ich war froh, alles, was in meiner Kraft gestanden hatte, getan zu haben. Ich fühlte mich, trotz der Schmerzen, trotz des langsamen Fortschrittes, überhaupt nicht entmündigt, sondern eher empowert. Ich hatte das Gefühl, dass keine der Entscheidungen über meinen Kopf hinweg getroffen wurde. Ich fühlte mich immer gut informiert und hatte das Gefühl, gehört zu werden.

Nach einer Stunde des Wartens – die beste Freundin hatte sich inzwischen auf Station kurz hingelegt – kam dann die Entwarnung: „Der Kopf ist unten!“ Allerdings war die Hebamme, die mich die ganze Nacht hindurch begleitet hatte, unsicher, ob eine vaginale Geburt nicht doch zu riskant sei. „Wissen Sie, ich bin von Anfang an dabei, und ich fiebere mit und will, dass es auch klappt! Ich bin einfach nicht mehr sicher, ob ich noch objektiv bin. Meine Kollegin ist gerade gekommen, die soll mal einen Blick drauf werfen…“ Ich war geradezu gerührt davon, wie reflektiert „meine“ Hebamme war.

Und als die Kollegin meinte: „Wieso, der Kopf ist doch unten!“, ging alles plötzlich sehr schnell.

Von Null auf 100 in unter 10 Minuten

„Es muss jetzt alles sehr schnell gehen, Ihr Kind hält die Wehen nicht gut aus. Wir müssen einen Dammschnitt machen.“ Dammschnitt. Ausgerechnet. Das hatte ich wirklich nicht gewollt. Mein Liebster war sofort zur Stelle und fragte wie vorher besprochen, ob das wirklich nötig sei. „Einen Riss in Kauf nehmen wäre nicht möglich…?“ fragte ich. Nein, war es nicht. „Es geht darum, den Geburtsvorgang zu beschleunigen. Das Kind könnte sonst zu Schaden kommen.“

Die Sache war für mich klar. Ich konnte nur wählen zwischen Dammschnitt oder Kaiserschnitt, denn ich wollte das Kind auf keinen Fall gefährden. So wurde der Wehentropf wieder angestellt, die PDA ausgemacht. Die inzwischen anwesende Ärztin machte beherzt den Schnitt – und es ging los. „Nehmen Sie Ihre Beine in die Hände und ziehen Sie sie feste an! Machen Sie sich ganz klein und rund! Und wenn eine Wehe kommt, pressen Sie, so feste Sie können!“

Während der letzten Stunde voll aufgedrehter PDA waren meine Beine vollständig gefühllos geworden. Ich konnte zwar noch mit den Zehen wackeln, hatte aber keine Kontrolle über meine Beine mehr. Ich packte also meine schlappen Beine in den Kniekehlen und hob sie mit Hilfe der beiden Hebammen. Denn Beine, die nicht mehr willentlich gesteuert werden können, sind unheimlich schwer! Die PDA hatte auch dazu geführt, dass ich die Presswehen nicht spürte. „Sie müssen mir die Wehen ansagen, ich kann sie nicht fühlen!“ sagte ich den Hebammen. Und das taten sie auch.

Die eigentliche Geburt ging rasend schnell. Pressen, pressen! Ich war in der eigenartigen Situation, einen quasi nicht mehr spürbaren Körper mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft dazu bringen zu müssen, etwas zu tun, was ich noch nie im Leben getan hatte und von dem ich auch nicht wirklich wusste, wie es gehen sollte. Die zwei Hebammen unterstützten mich, so gut sie konnten. Sie übten mit ihren Ellenbogen Druck auf den Bauch aus und stützten meine Beine. Auch eine Woche später habe ich noch leichte Blutergüsse auf meinem Bauch.

„Pressen Sie! Machen Sie sich ganz klein! Feste!“ Ich konnte gar nicht glauben, wie schnell es ging. Drei, vier Mal presste ich in der ersten Wehe. „Jetzt langsam! Hecheln!“ Ich wusste nicht, warum, ich spürte ja nichts. Aber ich hechelte. Und in der 2. Wehe war plötzlich der Kopf da, und in der 3. nach ein paar weiteren Stößen flupschte das Kind nur so aus mir raus. Und es war da. Eben noch Theorie im Bauch, und plötzlich ganz real und – da.

Es hatte keine zehn Minuten gedauert.

Die Ärztin verschwand kurz und kam mit etwas in der Hand zurück, das aussah wie ein Kassenzettel. Sie gab ihn mir. „Wir haben die Sauerstoffsättigung während der Geburt aufgezeichnet. Es ist alles in Ordnung.“ Die Nabelschnur hatte sich um den Hals gelegt, darum waren die Herztöne während der Wehen schwächer geworden. Kurz wurde mir anders.

Dann durchtrennte der Liebste die Nabelschnur, und sie legten mir das Kind auf den Bauch. Ich war einfach nur erschöpft, verwirrt – und hatte Hunger. Von der Geburt hatte ich nichts gespürt, es war plötzlich so schnell gegangen, und alles kam mir merkwürdig irreal vor.

Das Kind neben mir atmet leise.

tl;dr

Lies den Text, ey. Ich weiß, dass er lang ist, ich habe ihn geschrieben. Das ist ein Bericht! Von meiner Geburtserfahrung. Der lässt sich nicht auf einen knackigen Satz runterbrechen!

Na gut, vielleicht doch: PDA ist super, und am Ende war alles doch irgendwie schnell vorbei.

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Getestet: 5 Wehentracking-Apps für Android

Wenige Tage vor meinem errechneten Entbindungstermin ist mein Leben bestimmt von einer Frage: Wann, verdammt noch eins, geht es mit den Wehen endlich los!? Nein, Geduld hatte ich noch nie viel. Und ich warte jetzt schon seit 39 Wochen, wie geduldig darf’s bitteschön noch sein?

Da ich schon seit Wochen immer wieder Übungs-, Senk- und Vorwehen habe, die hin und wieder auch richtig weh tun, bin ich oft unsicher, ob es nicht vielleicht bald losgeht. Ich verwende daher mein Handy, um die Wehen aufzuzeichnen und einen Überblick darüber zu behalten, wie es so vorangeht.

Ich weiß gute Apps sehr zu schätzen und habe inzwischen einige getestet. Und da es zwar online ein paar Zusammenstellungen von Wehentrackern gibt, meines Wissens aber noch keine detaillierte Besprechung mit Vor- und Nachteilen, möchte ich meine GEdanken zu den Apps gern mit euch teilen. Getestet habe ich viele Apps, zu viele. Vorstellen möchte ich aber nur fünf davon, die allesamt ohne aufdringliche Werbung auskommen und bei denen ich nicht das sofortige Bedürfnis hatte, vor Hässlichkeit die Hände vor die Augen zu schlagen und laut zu heulen.

Contraction Timer

Die App „Contraction Timer“ ist  schlicht gehalten: Auf der Startseite gibt es einen Button, der es erlaubt, Start und Ende einer Wehe aufzuzeichnen, darüber zeigt eine Übersicht schon vorhandene Einträge mit Startzeitpunkt, Dauer und Intervalllänge. Ganz oben in der App befindet sich eine skalierbare Zeitleiste, auf der die Wehen blau hervorgehoben sind. Weitere grafische Auswertungen bringt die App nicht mit.

Schön finde ich, dass sich einzelne Einträge einfach bearbeiten, kommentieren oder löschen lassen – oder ein bereits gestoppter Eintrag auf Knopfdruck fortgesetzt werden kann. Das ist praktisch, wenn die Wehe sich kurz abschwächt, nur um dann mit Power zurückzukommen. Es gibt allerdings keine Möglichkeit, die Wehenintensität einzustellen, lediglich im Kommentarfeld könnte man Intensitätsangaben machen. Da die Kommentare aber von der App aber nicht sinnvoll ausgewertet werden können, ist der Nutzen beschränkt. Ein Export der Daten steht nur in der 1,32 €-teuren Donate-Version der App zur Verfügung.

Die App ist kostenlos und werbefrei.

Wehen Schreiber

Die Android-App „Wehen Schreiber“ hat ein schlichtes, funktionales Design. Auf dem Startbildschirm oder über eines der drei mitgelieferten Widgets lassen sich die Wehen stoppen. Auch die Intensität der Wehen lässt sich direkt auf dem Startbildschirm eintragen, dabei gibt es 3 Abstufungen.

Auf der Historien-Seite der App zeigt die Übersicht Datum und Startzeit der einzelnen Wehen, die Dauer, das Intervall und durch Farbcodierung auch die Intensität. Eine grafische Auswertung der letzten drei Punkte ist auf der letzten Seite der App zu finden.

Besonders spannend finde ich die aber die Interpretationsseite. Zu ihr gelangt man über das kleine Stoppuhr-Icon rechts oben in der App. Die Interpretationsseite unterscheidet dabei 5 Wehentypen: Übungswehen, Vorwehen latent, Vorwehen aktiv, Eröffnungswehen und Presswehen. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, die App bis zu den Presswehen einzusetzen, finde aber die Interpretationsseite zur Einordnung sehr hilfreich. Sie gibt mir ein paar Informationen an die Hand, was sich für mich sicherer anfühlt als die z.T. auseinandergehenden Meinungen auf Schwangerschaftsseiten und in Foren.

Auf der Einstellungsseite verbergen sich viele nützliche Optionen. Neben der grafischen Darstellung lassen sich hier auch viele kleine, aber sehr sinnvolle Details einstellen: Praktisch finde ich z.B., dass ich unter „Startzeit“ eingeben kann, dass einige Sekunden auf den Startwert addiert werden soll. Ich habe mein Handy nicht ständig in der Hand und muss so nicht jeden Eintrag editieren (was aber möglich wäre). Auch Start/Stopp über Schütteln des Handys lässt sich hier konfigurieren.

Als einzige der fünf getesteten Apps ist „Wehen Schreiber“ kostenpflichtig. Mit knapp 1 € empfinde ich die Kosten aber als relativ bescheiden, besonders, wenn die spezielle Funktion der Zuordnung der Wehen zu einer Phase berücksichtigt wird.

Contractions – Kontraktion Timer

Die App „Contractions„, die im deutschen Play Store etwas grob übersetzt „Kontraktion Timer“ heißt, hat von allen von mir getesteten Apps beim ersten Start die simpelste Startoberfläche. Der komplette Startbildschirm wird von einem Startbutton eingenommen, der sich auf Knopfdruck in einen Counter verwandelt. Unten kann während der Wehe ihre Intensität mithilfe eines Schiebereglers eingegeben werden.

Sobald die erste Wehe von der App aufgezeichnet wurde, ändert sich die Anzeige: Oben werden die Wehen auf einer Zeitleiste in grünen Balken dargestellt, darunter finden sich die detaillierten Informationen mit Startzeitpunkt, Dauer, Intervalllänge und Intensität. Von hier aus lassen sich auch die einzelnen Einträge bearbeiten und Notizen hinzufügen.

Über die Seitenleiste lassen sich weitere Auswertungsseiten erreichen: „Averages“ zeigt die Durchschnittswerte der letzten 3, 5 oder 7 Wehen, über „Graphs“ gelangt man zu einer einfachen grafischen Darstellung.

Die App ist kostenlos und enthält nur in der Seitenleiste Werbung.

Full Term

Full Term“ zeigt auf dem Startbildschirm eine Statistik der bereits aufgezeichneten Wehen mit der durchschnittlichen Dauer und Frequenz der letzten Wehe, der Wehen der letzten Stunde sowie der letzten fünf Stunden. Die Aufzeichnung einer neuen Wehe wird über den großen grünen Knopf unten am Bildschirm gestartet und gestoppt. Als weitere Statistik steht die grafische Auswertung von Wehenlänge, Dauer und Frequenz zur Verfügung. Hat man in den Einstellungen die Option dafür aktiviert, fragt die App nach jeder Wehe auch die Intensität ab.

Über die Einstellungsseite kann auch ein „dunkles“ Theme aktiviert werden, das aber weder besonders dunkel ausfällt, noch besonders gut lesbar ist. Hier lässt sich auch eine eigene Zeitspanne für die Auswertungsseite eingeben und die Eintragsreihenfolge umkehren.

Editieren lassen sich einzelnen Einträge nur über den Punkt „Details“, wo sich auch die Übersicht der einzelnen Wehen befindet.

Die App ist kostenlos, blendet aber beim ersten Start sowie in den Einstellungen Werbung für eine weitere App der Entwickler*innen ein.

Contracker

Sehr schick kommt die App „Contracker“ daher. Der Startbildschirm zeigt eine Stoppuhr im dunklen Material-Design, darunter die Statistik der letzten Minuten. Das Zeitintervall lässt sich dabei einstellen. Rechts neben der Timeransicht ist in einem weiteren Tab die Übersicht bereits eingegebener Wehen zu finden: Dauer, Intervall (schlecht übersetzt mit „Häufigkeit“) und genauer Start- und Endzeitpunkt sind hier aufgeführt.

Die Intensität einer Wehe oder Notizen lassen sich in der App nicht einpflegen. Das meiner Meinung nach größte Manko ist aber, dass sich einzelne Einträge im Nachhinein nicht mehr bearbeiten lassen. Wenn ich also im Wehenstress vergesse, eine Wehe zu stoppen – bleibt das so. Auch an grafischen Auswertungen bringt Contracker nichts mit, dafür aber ein Widget, das die Infos des Startbildschirms klein und übersichtlich auf dem Android-Homescreen abbildet und über das auch der Tracker bedient werden kann.

Die App ist kostenlos und werbefrei.

Fazit

Ich habe in der vergangenen Woche „Contraction Timer“ verwendet, war aber nicht zufrieden, weil mir einige Statistiken fehlten. „Contractions – Kontraktion Timer“ und „Full Term“ bieten zwar ein paar mehr Statistiken, sind in Sachen Usability und Design her aber weniger gelungen. „Contracker“ sieht zwar schick aus, bietet aber nur wenige Auswertungen. Für Purist*innen könnten aber sowohl „Contracker“ als auch „Contraction Timer“ eine gute Option darstellen.

Ich bin inzwischen zu „Wehen Schreiber“ gewechselt und finde vor allem die Interpretationshilfe toll. Mal sehen, wie sie sich bewährt! :3

Weg-Wehen

Nein, ich mag den Zustand „schwanger sein“ nicht. Ich mochte ihn von Anfang an nicht, kam aber trotzdem so einigermaßen damit klar, die meiste Zeit. Aber jetzt, nach fast 39 Wochen, bin ich dieses Schwangersein so richtig, wirklich über. Nicht nur, dass ich mit meinem Walfischbauch ständig an Türklinken, Arbeitsflächen oder Waschbecken hängen bleibe, ich bin so langsam auch die Ernährungsvorschriften wirklich über, die Einschränkungen beim Sport, die Kurzatmigkeit und das ständige Klogerenne.

Seit mehr als fünf Wochen habe ich auch schon mehr oder weniger starke, unregelmäßige Wehen. Vor vier Wochen hatte ich eine erste Phase mit halbwegs regelmäßigen Wehen. Senkwehen, meinte meine Frauenärztin. Und nach einem Tag waren sie weg. Seitdem hatte ich on-off immer mal wieder kürzere und längere Phasen mit vergleichsweise schmerzarmen Vorwehen oder Übungswehen oder weiß der Geier was, aber keine „richtigen“ Wehen. Das ging mir so sehr auf die Nerven, dass ich verschiedene Methoden recherchiert habe, die Wehentätigkeit zu stimulieren.  Ich trinke seit ein paar Tagen einen recht leckeren wehenfördernden Tee aus Eisenkraut, Ingwer, Zimt und Nelke. Ich versuche, mich regelmäßig zu bewegen, und hin und wieder habe ich auch probiert, die Oxytocin-Ausschüttung per Nippelstimulation anzukurbeln. Was deutlich weniger Spaß macht, als es zuerst vielleicht klingt.

Der Effekt bisher: Null. Gestern Abend aber ging es rund. Ich hatte im Schnitt alle 5 Minuten Kontraktionen, die rund 45-60 Sekunden anhielten. Sie taten nicht sehr weh, zogen mehr und pieksten, fühlten sich aber deutlich anders an als alle Wehen, die ich bis dahin gehabt hatte. Also probierte ich verschiedenes aus: Ich war aktiv, war spazieren und kreiste das Becken, die Wehen blieben. Ich ging ins Bett, die Wehen blieben. Ich duschte heiß, die Wehen blieben. Also fuhr ich nach 8 Stunden Wehentätigkeit ins Krankenhaus. Das CTG zeigte brav meine Wehentätigkeit an: Alle 4 Minuten hatte ich Kontraktionen. Dann kam die Minute der Wahrheit: Die Hebamme tastete die Öffnung des Muttermundes. Da ich am Tag davor gerade erst einen Termin zur Kontrolle bei meiner Frauenärztin gehabt hatte, wusste ich: Am Morgen war der noch zu und wulstig. Die Hebamme meinte: „Der ist fingerdurchlässig, aber da tut sich noch nicht viel, meine Liebe.“

Ich fuhr wieder nach Hause. Und da bin ich jetzt. Über Nacht haben die Wehen fast komplett aufgehört, und ich warte wieder.

Warte… Und warte. Weil ich das so gut kann.

Drückt ihr mir die Daumen, dass es bald losgeht?

Warum ich (wahrscheinlich) ein Bauchband tragen werde, die Werbung dazu aber Schrott ist

Was ist ein Bauchband?

Bei einem Bauchband, „Belly Band“, „Belly Wrap“ oder einer Bauchbinde handelt es sich um ein Kleidungsstück, das den Bauch zusammendrückt. Dabei wird das lockere Gewebe des postpartalen Bauches komprimiert, er wirkt dadurch weniger schlaff, die gedehnten Muskeln werden gestützt und die Rückbildung wird beschleunigt. Das Bauchband wird unter der Kleidung getragen, tagsüber, bis zu 18 Stunden täglich. Postpartale Bauchbänder sind aus Asien bekannt. Im europäischen Raum werden Korsetts und Bauchbänder therapeutisch gegen Rückenschmerzen und Haltungsschäden genutzt.

Leider ist mir ist bei meiner Recherche keine wissenschaftliche Studie untergekommen, die den Nutzen von Bauchbändern objektiv untersucht. Die Ausführungen und Informationen unten basieren daher auf anekdotischen Berichten von Einzelpersonen oder deren mehr oder weniger unvoreingenommenen Überlegungen. Am nächsten an eine objektive Einschätzung der Fakten kommt dieser Artikel von Alphamom heran.

Und alles für die Normschönheit?

Ich habe heute Morgen gehört, dass Bauchbänder vor allem unter ästhetischen Gesichtspunkten vermarktet werden. Leider hat meine Recherche das bestätigt. „Verlier‘ deinen Babybauch schneller!“, „Finde zurück zu deiner alten Form!“, „Abnehmen mit dem Bauchband!“. So oder so ähnlich lauten die Slogans.

Wenig überraschend finde ich diese Marktingmasche absolut uncool. Bodyshaming und Fatshaming sind nie in Ordnung, immer hinderlich, im medizinischen Kontext sogar grob fahrlässig und gehören unterlassen. Insbesondere nach einer Schwangerschaft, die immer eine körperliche Veränderung irgendeiner Form mit sich bringt. Insofern finde ich es sehr problematisch, Bauchbänder unter diesem Aspekt zu vermarkten. Als ob Menschen, die gerade ein Kind geboren haben, daran erinnert werden müssten, dass ihr Körper jetzt anders ist als vor der Geburt. Ja, mach Sachen – natürlich ist er das!

So wird ein Bauchgurt auf windeln.de beworben. Schade.

So wird ein Bauchgurt auf windeln.de beworben. Schade.

Was also definitiv nicht ok ist, ist die gesellschaftliche und mediale Stigmatisierung von nicht normschönen Körpern, auch nach einer Schwangerschaft. Andererseits geht es für mich in Ordnung, wenn eine Person die Entscheidung trifft, sich selbst auf die eine oder andere Art schön zu finden und in Richtung ihres Ideals arbeitet. Dabei will ich aber keinesfalls leugnen, dass gesellschaftlich-medialer Druck einiges dafür tut, dieses vermeintlich persönliche Idealbild schön nah in Richtung Normschönheit zu rücken. (Dieser Artikel beleuchtet das zum Beispiel toll.) Aber kommen wir wirklich weiter, wenn wir ein Individuum für seine Entscheidung für eine Anpassung an ein normschönes Ideal beschämen? Wir alle müssen immerhin in dieser unvollkommenen Gesellschaft leben, und es bedarf einiges an Kraft und Entschlossenheit, sich gesellschaftlichem Druck zu widersetzen. Nicht jede*r hat dazu ununterbrochen die Kraft.

Darum ist es für mich auch in Ordnung, wenn ein Bauchband einigen Menschen dabei hilft, ihren nachschwangerschaftlichen Körper schneller wieder für sich anzunehmen. Und das schließt auch eher funktionale Aspekte ein. Durch die Entlastung der durch die Schwangerschaft strapazierten Muskeln in Bauch und Rücken kann es mit einem Bauchband schneller möglich sein, Sport zu treiben oder insgesamt aktiv zu sein, was für viele Menschen eine deutliche Steigerung der Lebensqualität bedeutet.

Medizinische und gesundheitliche Aspekte

Aber es gibt noch ganz andere Faktoren, die für eine zumindest kurzfristige Benutzung eines Bauchbandes sprechen. Einige Quellen empfehlen generell die Stützung der Organe in der ersten Zeit. Nach einem Kaiserschnitt kann die Kompression beispielsweise Schwellungen reduzieren und die durchtrennten Faszien entlasten, was wiederum zu weniger Schmerzen führt. Auch bei einer Rektusdiastase, dem starken Auseinanderklaffen der geraden Bauchmuskeln, kann eine Kompression zumindest in der ersten Zeit förderlich sein. Später wird empfohlen, Rückbildungsgymnastik und spezielle Übungen zur Stärkung der queren Bauchmuskeln zu machen.

Es ist aber auch wichtig zu erwähnen, dass eine übermäßig starke Kompression zu einer Verschlechterung von Inkontinenz führen kann und zu einer Schwächung der Rückenmuskulatur. Übertreiben sollte man es also auf keinen Fall mit der Kompression.

Meine Gründe für ein Bauchband

Ich habe mich inzwischen dafür entschieden, ein Bauchband auszuprobieren. Ich muss natürlich sehen, wie es mir damit geht, ob ich damit klar komme und ob ich den subjektiven Eindruck habe, dass es mir hilft. Einer der Gründe dafür ist, dass meine Rektusdiastase inzwischen deutlich wahrnehmbar ist und ich hoffe, dass sie sich durch das Bauchband und gezielte Übungen schnell zurückbildet.

Und ja, ich hoffe auch, dass das Gefühl von in mir rumschwappenden Organen dadurch weniger stark und irritierend ist und auch, dass sich mein Bauch schneller wieder wie mein Bauch anfühlt. Ich erwarte keine Wunder in zwei Wochen, ich erhoffe mir nicht den Flachbauch irgendwelcher Promis. Ich will einfach, dass sich mein Körper wieder mehr nach mir anfühlt. Und nicht zuletzt möchte ich mich endlich wieder bewegen können und schneller wieder Sport machen können. Ich hoffe, dass mir das Bauchband auch dabei ein wenig helfen kann.

tl;dr

Leider werden Bauchbänder vor allem unter dem Aspekt des „zurück zum Vor-Schwangerschafts-Körper“ beworben, obwohl es mindestens Hinweise auf medizinischen Vorteile gibt. Außerdem ist Bodyshaming Mist, trotzdem kann nicht von jeder Person die Kraft verlangt werden, sich gegen gesellschaftliche Normen zu stemmen.

Die Seltsamkeiten einer Schwangerschaft

Schwangerschaftssymptome. Wer liebt sie nicht? So vielfältig, so merkwürdig, und so oft unerwartet.

Ich hatte ja mit einigem gerechnet. Mit Stimmungsschwankungen zum Beispiel. Die fielen aber nicht schlimmer aus als meine normalen Launen. Am ehesten merkte man mir die Schwangerschaft vermutlich im ersten Trimester an, als ich zerknirscht war, weil ich ständig krank war und mir vom Geruch eigentlich allen Essens schlecht wurde.  Auch mit diesen Symptomen hatte ich gerechnet. Aber einiges erwischte mich dann doch ziemlich unerwartet, vermutlich, weil über die selteneren Auswirkungen einer Schwangerschaft weniger gesprochen / geschrieben wird.

Daher nun ohne weitere Umschweife:

Meine absurdesten Schwangerschaftsbeschwerden

Trockene Haut, trockene Haare

Angeblich soll die Haut während der Schwangerschaft ja besser durchblutet sein, strahlen und so. Irgendwie sah das bei mir anders aus. Ich hatte trockene Haut, und zwar so richtig.

Dabei war ich vor der Schwangerschaft eine, die sich jeden Morgen die Haare gewaschen hat. Weil es nötig war. Meine Gesichtshaut hatte ohne Make-Up einen dauerhaften, gesunden Speckschwartenglanz und ab und zu die üblichen Pickelchen, die mit zu fettiger Haut eben einhergehen. Denn seit meiner Pubertät war mein Körper unverrückbar der Ansicht, dass viel Hautfett schöne Haut und Haare macht, und trotz vieler Überredungsversuche konnte ich ihn nicht vom Gegenteil überzeugen.

Bis ich schwanger wurde. Ich erinnere mich, verzweifelt fast täglich meine vermeintlich fettige Haut zu peelen, weil sie immer röter wurde und sich entzündete. Ich doch gelernt hatte: Wenn das passiert, ist die Haut viel zu fettig und muss mit sanfter Gewalt ins Gleichgewicht gebracht werden! Das war so kurz vor der Halbzeit. Irgendwann, nachdem ich bereits einige Wochen lang den Kampf gegen meine scheinbar fettige Haut geführt hatte, dämmerte es mir. Die Stellen, die rot waren und sogar begannen, sich zu schälen, lagen in den üblicherweise trockenen Hautbereichen, den Wangen. Ich begann also mit dem Gegenprogramm und behandelte mit Feuchtigkeitscremes aus der Drogerie, die schlimmen Stellen auch mit Dexpanthenol. Und was soll ich sagen: Es brachte einen feuchten Pups. Gar nichts. Niente!

Ich ließ mich dann in einer Apotheke beraten und entschied mich für eine Gesichtscreme für sehr sensible, trockene Haut mit Thermalwasser. (Es handelt sich bei der Creme um Avène für überempfindliche Haut.) Kam mir zwar vor wie Hokuspokus, aber da meine Mutter mit ihrer trockenen Haut die gleiche Marke seit Jahren sehr gut verträgt, dachte ich: Na schön, es schadet ja nicht, sie zu testen. Und siehe da: Meine Haut erholte sich innerhalb einer Woche.

Meine Haare wasche ich inzwischen jeden dritten Tag, was vollkommen ausreicht. Immerhin kann ich von dem beim Shampoo gesparten Geld die teure Creme ein wenig gegenfinanzieren…

Seltsamer Schlafrhythmus, oder: Wach? Wer ist hier … *chchch*

Ich hatte davon gelesen, dass im ersten Trimester viele Schwangere tagsüber sehr müde sind. Und gleichzeitig nachts nicht gut schlafen können. Ich hatte nur nicht gedacht, dass mich das betreffen würde, immerhin bin ich die, die immer, überall, in jeder Situation und bei jeder Lautstärke innerhalb weniger Minuten tief und fest schlafen kann.

Am Ende des ersten Trimesters hatten mich meine Hormone allerdings auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht. Ich war nur mit Mühe in der Lage, einen vollen Arbeitstag durchzuhalten, fiel zuhause direkt aufs Sofa, aß eine Kleinigkeit – und schlief ein. An den schlimmsten Tagen war es knapp 19 Uhr.

Entschädigt wurde ich dadurch, dass ich nachts häufiger aufwachte. Und auch wach blieb. Wer 2 Uhr für eine ungeeignete Aufwachzeit hält, der*m kann ich durchaus zustimmen. 4 Uhr ist auch kaum besser, besonders dann nicht, wenn der Schlaf gar nicht mehr kommen möchte.

Ich bin zwar inzwischen tagsüber nicht mehr so erschöpft, aber ich finde es doch unangenehm, dass ich bis heute immer noch um 4 Uhr nachts aufwache.

Eisenmangel und Sodbrennen

Genau genommen ist Eisenmangel kein seltenes Symptom von Schwangerschaften. Schwangerschaft gilt durch den erhöhten Eisenbedarf grundsätzlich als Risikofaktor, einen Eisenmangel zu entwickeln. Ich durfte allerdings die Erfahrung machen, dass Eisenmangel auch zu Sodbrennen führen kann, neben Abgeschlagenheit, Kreislaufproblemen, eingerissenen Lippen, Kurzatmigkeit, Hauttrockenheit und anderem.

Leider dauerte es ein wenig, meine Frauenärztin davon zu überzeugen, dass ein Ferritinwert von nicht einmal 10 nicht mehr mit irgendwelchen Säften behandelt werden sollte. Been there, done that, brachte nichts. Im Gegenteil, von den Säften wurde mir auch noch schlecht. Kaum war ich auf hochdosierte Eisentabletten umgestiegen, ging es mir besser: Ich war wieder wacher, fitter, und mein Sodbrennen war auch innerhalb weniger Tage vollständig verschwunden.

Die Taube linke Hüfte

Meine linke Hüfte wird taub, wenn ich länger gehe oder stehe. Das ist seltsam. Davon hatte ich bisher noch nie gehört. Und, als Bonus: Das ist schlecht zu therapieren, sagt zumindest meine Physiotherapeutin. Sie vermutet, dass „irgendwas am Iliosakralgelenk“ ist oder der Kind auf etwas drückt – aber viel tun kann sie nicht, solange das Kind noch im Uterus wohnt. Sie hat mir ein paar Übungen gezeigt, die ich machen kann, die die Gelenke und Muskeln im unteren Rückenbereich etwas entspannen sollen. Sie helfen mäßig.

Wann immer meine linke Hüfte „einschläft“, mache ich eine meiner Übungen, die einzige, die wenigstens kurzfristig hilft: Ich lasse den Oberkörper mit geradem Rücken und entspannten Knien möglichst tief nach unten hängen. Sieht nicht sehr talentiert aus, hilft aber zumindest für kurze Zeit.

Welche angeblich typischen Beschwerden ich nicht hatte

Auf der Haben-Seite fehlen mir eine ganze Reihe von Symptomen, die angeblich fast alle Schwangeren haben. Ich habe keine Dehnungsstreifen. Ich hatte eigentlich keine Gelüste, es sei denn, Gelüste sind definiert als „Dinge, die man noch essen kann, wenn 98% der Nahrungsmittel Würgereiz auslösen“. Ich habe supere Zähne und sehr gesundes Zahnfleisch. Mein Körper hat meines Wissens nicht übermäßig Wasser eingelagert. Und ich habe weder Verdauungsprobleme noch Hömorrhoiden. Zum Glück.

tl;dr

Schwangerschaftsbeschwerden sind sehr individuell und überraschend. Wie eine Schachtel Pralinen. Meist nicht sehr leckeren.

Nur ein Walfisch unter vielen

Ich gebe zu, dass ich mir große Sorgen gemacht habe, was den Geburtsvorbereitungskurs anging. Ich hatte befürchtet, die einzige irgendwie feministische Person im Raum zu sein. Ich hatte gefürchtet, dass sich in dem gemischten Kurs die Männer unbotmäßig viele Redeanteile herausnehmen würden. Ich hatte mir Sorgen gemacht, dass ich zu Dingen gedrängt würde, die ich nicht will.

Was ich nicht erwartet habe, war, wie sehr ich mich inzwischen, nach zwei Wochen, auf den Kurs freue. Ich gebe zu, er ist mein aktuelles Wochenhighlight. Zwar haben sich einige meiner Befürchtungen erfüllt (an den Tagen, an denen mehr Männer dabei sind, produzieren sich einige tatsächlich traurigerweise recht ausdauernd und raumgreifend, statt sich entspannt zurückzulehnen und zuzuhören), aber längst nicht alle. Klar gibt es genügend Menschen im Kurs, die sich sehr auf stereotypen Rollen ausruhen, weil das für’s Hirn weniger anstrengend ist. Aber es ist nicht so schrecklich, wie ich befürchtet hatte. Der Altersschnitt ist relativ hoch, ich schätze, er liegt bei etwa 32-34 Jahren, und viele der Teilnehmenden sind zum ersten Mal schwanger. Und bisher hat die kursleitende Hebamme immer sehr darauf geachtet, Grenzen zu achten, sowohl körperlich als auch im Bereich von Einstellungen und Entscheidungen.

Was mir aber wirklich viel Halt und Kraft gibt gerade: Ich bin in diesem Kurs in meinem Zustand vor allem eins, und zwar ganz normal. Ich werde nicht mit Fragen bombardiert, wie es mir geht, wie das so ist, schwanger zu sein, wie weit ich bin, ob das normal ist, dass der Bauch manchmal wackelt. Ich werde nicht schief angeschaut, wenn ich komische Bewegungen mache, um meinen Rücken zu entlasten, und ich kann einfach nur rumsitzen mit einer Menge anderer Schwangerer, die gerade sehr ähnliche Erfahrungen machen, wie ich. (Versteht mich nicht falsch, ich erzähle ja gern davon, wie das so ist, dieses Schwangersein. Aber es bleibt ein Gefühl des Andersseins.)

Wirklich: Ich hätte nie gedacht, dass mir das so gut tut.

Schlimm, diese (Vor-)Sorge!

Ah, es ist wieder Zeit für etwas Schwangeren-Bashing! Dieses Mal regen wir uns darüber auf, dass die Schwangeren zu viele Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Mehr, als bezahlt werden! Unfassbar. Wie können die nur!? Sind die noch ganz sauber? Schwangeren-Bashing. Ausgerechnet in dem Land, in dem weltweit die wenigsten Kinder geboren werden. Oh, the irony. Man könnte jetzt sagen: Ach, der Spiegel Online mal wieder. Warum lese ich das auch? Aber auch die SZ stimmt ein, und ich bin recht sicher, dass das nicht die einzigen Stimmen bleiben werden.

[Edit am 28.07.2015: Auch die FAZ stimmt ein, mit nur minimal gemäßigterem Ton.]

[Edit am 29.07.2015: Auch die taz ist dabei beim großen Ursachenverfälschen. Hurra.]

Überversorgung?

Die Artikel, über die ich mich gerade echauffiere, haben die „Überversorgung“ von Schwangeren zum Thema und kritisieren, dass diese die Angst der Schwangeren schüre. Das ist eine interessante Hypothese, aber nicht mehr als das. Untersucht wurden in der zitierten Studie die Art und die Anzahl der wahrgenommenen Vorsorgeuntersuchungen. Die Daten sind dabei, das räumt der Artikel zumindest auf Spiegel Online in einer ausklappbaren Fußnote ein, nicht einmal repräsentativ für Deutschland. Ich habe die Studie im Original gelesen (sie kann hier online abgerufen werden) und genauer hingesehen: Fast ausschließlich Frauen mit hohem Bildungsstatus haben sich durch Selbstselektion an der Befragung beteiligt. Ein Fakt, der insbesondere von der SZ nicht bedacht wird, die munter schlussfolgert:

Auch das Einkommen oder der Bildungsabschluss der Schwangeren hatten kaum Einfluss darauf, ob Zusatzleistungen in Anspruch genommen wurden oder nicht.

Wer sich mit Statistik auskennt, weiß: Wo keine Varianz, da keine Kovarianz. Sprich: Wenn wir nur Menschen mit hohem Bildungsabschluss betrachten, wie können wir aufgrund des Bildungsabschlusses Rückschlüsse auf ihr Verhalten ziehen? Hier fehlt es den „Wissenschafts-„Redakteur*innen offensichtlich an notwendigem Know-how, um die Studie und ihre Ergebnisse korrekt einordnen zu können.

Blutuntersuchungen zur individuellen Risikoeinschätzung

Als besonders kritisch empfinde ich, wie in den Artikeln von Spiegel Online und SZ mit den freiwilligen und selbst zu zahlenden Blutuntersuchungen ins Gericht gegangen wird. Denn die sind in vielen Fällen alles andere als überflüssiger Schnickschnack. Toxoplasmose, Cytomegalie und Ringelröteln sind als mögliche Todesursachen des Fötus‘ oder des Neugeborenen nicht unwahrscheinlich, weshalb es sinnvoll ist, zu wissen, ob di*er Schwangere bereits an den Krankheiten erkrankt ist und somit resistent – oder nicht. Denn daraus lassen sich konkrete Verhaltensempfehlungen für die schwangere Person ableiten. So räumt auch die Originalstudie ein:

Allerdings kann es für Schwangere sinnvoll sein, ihren Immunstatus zu kennen, um sich entsprechend zu verhalten.

Aber nichts hiervon findet sich in den Artikeln. Wie könnte es auch, räumen doch Absätze wie dieser ein, dass etliche Untersuchungen, für die Schwangere bisweilen leider tief in die eigene Tasche greifen müssen, durchaus sinnvoll und nützlich sind. Nun könnte man von Schwangeren generell fordern, dass sie potenzielle Überträger von z.B. Toxoplasmose meiden (in diesem Fall wäre das sogar möglich). Das wird auch häufig getan: Schwangere sollen sich bitte von nicht vollständig durchgebratenem Rindfleisch, kalt geräucherte Wurst- und Fleischwaren fernhalten. Allerdings bedeutet das für einige Menschen durchaus Einschränkungen in der Lebensqualität. Diese einfach einzufordern, obwohl es sinnvolle Tests gäbe, die Klarheit über die tatsächliche Gefährdung geben könnten, ist frech.

Sinnvolle Tests außerhalb der Mutterschaftsrichtlinien

Ein weiteres Beispiel für einen sinnvollen Test ist der Streptokokken-Abstrich. In den USA gehört er seit 1996 zu den empfohlenen Untersuchungen, da Streptokokken bei Neugeborenen zu lebensbedrohlichen systemischen Infektionen führen können. Das steht in dem wissenschaftlichen Artikel. Deutschland ist hier nie nachgezogen. Zwar gibt es seit 2010 eine „Empfehlung“, die Untersuchung gegen Ende der Schwangerschaft durchzuführen, in die Mutterschaftsrichtlinien sind sie aber nicht aufgenommen worden. Auch diese sinnvolle Untersuchung muss daher von Schwangeren selbst getragen werden.

Nun könnte man sich eigentlich freuen: Yay, Schwangere kümmern sich um ihre Gesundheit! Sie informieren sich selbstständig und fordern sogar sinnvolle Untersuchungen ein. Dabei fiele aber eine andere Seite aus dem Blickfeld: Denn auch medizinisch wenig sinnvolle Untersuchungen, wie „zu viele“ Ultraschalluntersuchungen oder kardiotokografische Untersuchungen werden in Anspruch genommen. Das ist natürlich weniger wünschenswert.

kausale Zusammenhänge?

Woher kommt aber dieser Wunsch nach mehr Sicherheit? Die SZ schlussfolgert aus der Studie:

Experten fürchten, auf diese Weise werde Schwangerschaft immer mehr als etwas Krankhaftes und Behandlungswürdiges angesehen.

Mich überrascht diese Interpretation der Daten. Sie könnte nämlich, allein anhand der Datenlage, auch so lauten:

Da Schwangerschaft und Geburt in unserer Gesellschaft einem gewissen Tabu unterliegt und durch die seit den 1950ern stetig steigende Verlegung in Kliniken pathologisiert wird, wächst als Resultat auch das Bedürfnis nach pränataldiagnostischer Absicherung.

Die Datenlage lässt nämlich keinen Ursache-Wirkungs-Schluss zu. Es handelt sich um Daten, die miteinander korrelativ verknüpft wurden, also gemeinsam auftraten. Eine Korrelation bedeutet aber keinen kausalen Zusammenhang. Genausogut könnte eine illusorische Korrelation vorliegen, ein Scheinzusammenhang, der aufgrund zufälliger oder systematischer weiterer Faktoren zustande kommt.

Wer ist Schuld?

Auffällig ist, dass in beiden hier zitierten Artikeln die Schuld hierfür bei den Schwangeren gesucht wird. Schlimm, diese Schwangeren! So ahnungslos! Die bösen Frauen, was kosten die wieder so viel!? Dabei kommt die Studie zu einem ganz anderen Ergebnis:

Ergebnisse zu den Gründen der Inanspruchnahme zeigen, dass viele Frauen sich nicht dessen bewusst sind, dass die von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen nicht zwingend Bestandteil der Schwangerenvorsorge im Rahmen der MSR sind. Es scheint hier eine Aufklärung zu fehlen.

Und weiter:

Die Tatsache, dass nur etwa die Hälfte der Teilnehmerinnen sich sehr gut über Aussagekraft beziehungsweise Wirkungsweise einer Maßnahme aufgeklärt fühlt, stimmt bedenklich.

Und noch weiter unten:

Grundsätzlich ist zu überdenken, ob das Vergütungssystem von Ärztinnen und Hebammen sich in der Betreuung von Schwangeren als zielführend erweist. Die Vergütung in Form von (fallbezogenen) Pauschalen unabhängig von der Anzahl der Patientinnenkontakte und/ oder den zeitlichen Ressourcen pro Kontakt wie auch der Wettbewerbsgedanke mögen dazu geführt haben, dass seitens der Leistungsanbieterinnen das Bedürfnis entsteht, Nischen zu identifizieren, die eine als passend empfundene Vergütung pro Fall ermöglichen.

Tatsächlich richtet sich die Kritik also nicht an Schwangere, sondern an das Gesundheitssystem, die pauschale Vergütung und der Art, wie dies von Ärzt*innen umgangen wird. Ja, und in der Tat fehlt es an Aufklärung. Es ist nicht einfach, als medizinische*r Laie*in zu durchblicken, welche Untersuchungen sinnvoll sind und welche ein sinnfreies Überangebot darstellen. Hier sind allerdings nicht die Schwangeren gefragt! Die Informationen sinnvoll und verständlich aufbereitet zur Verfügung zu stellen und, wo angemessen, auch die eigenen Empfehlungen kritisch zu betrachten, das läge in der Hand der Ärzt*innen.

(Halbwegs) fit ins 3. Trimester

[CN: Body Talk und Erwähnung von Gewichtsveränderungen]

Angeblich bin ich jetzt also drin, im 3. Trimester. Ich habe darüber schlimme Dinge gelesen: Man soll ganz unbeweglich und behäbig werden, weil der Körper Wasser einlagert und natürlich auch der Bauchumfang zunimmt. Man soll Rückenschmerzen bekommen. Und ständig soll man aufs Klo rennen müssen. Bisher merke ich von alledem nichts. Aber insbesondere vor der Bewegungseinschränkung fürchte ich mich etwas. Darum habe ich angefangen, wieder etwas mehr Sport zu treiben. Naja, was ich so Sport nenne: Übungen, die sich halbwegs einfach in den Alltag integrieren lassen.

Dazu gehören Kniebeugen. Ich habe nämlich festgestellt, dass meine Beine mein gestiegenes Körpergewicht (aktuell sind es etwa 8-9 kg) nicht mehr so schnell Treppen hoch bekommen. Die Kniebeugen helfen dabei, und glücklicherweise auch bei meinen abends oft unruhigen Beinen.

Eine weitere Übung, die ich regelmäßig mache, habe ich aus dem Wikipedia-Artikel zur Rektusdiastase. So wird es genannt, wenn die geraden Bauchmuskeln auseinander stehen. In gewissem Umfang ist das ein normaler Effekt einer Schwangerschaft und bildet sich danach meist von alleine zurück. Ich habe aber sehr starke gerade Bauchmuskeln und eher weniger gut ausgeprägte quere Bauchmuskeln, wie ich feststellen musste, und der Spalt zwischen den Bauchmuskelsträngen ist jetzt schon deutlich spürbar. Im deutschsprachigen Internet habe ich leider keine Hinweise auf Übungen gefunden, die ich auch jetzt schon machen kann, um die queren Bauchmuskeln zu stärken. Aber glücklicherweise hört das Internet nicht an der Sprachgrenze auf, und so habe ich auf der englischsprachigen Wikipediaseite zur Rektusdiastase doch einige Übungen für die queren Bauchmuskeln entdeckt, die ich jetzt schon machen kann. Mindestens die Übungen „Core contraction“ und „Quadruped“ habe ich in anderen Kontexten bereits als Empfehlungen für Übungen gesehen, die man auch während der Schwangerschaft sicher durchführen kann.

Und natürlich dürfen auch die beliebten Beckenbodenübungen nicht fehlen. Ich bin nicht so konsequent, wie ich es gern wäre, aber immerhin denke ich mindestens täglich daran.

Mit diesen Übungen und ein paar Malen Yoga in der Woche fühle ich mich ganz gut für das 3. Trimester gewappnet. Und dann soll Sport während der Schwangerschaft auch noch die Wehen erleichtern – wer könnte dagegen etwas haben!

Nicht so allgemein, bitte!

Gestern ist es wieder passiert. Eine Bekannte schaute auf meinen Bauch und meinte: „Da sieht man schon ein wenig was!“ Woraufhin ich mit einem schiefen Grinsen die Schultern zuckte. Ja, so richtig angefreundet habe ich mich immer noch nicht mit dem Kontrollverlust, den ich bei der Schwangerschaft empfinde. Was anderen leicht fällt, fällt mir schwer. Das ist meine persönliche Baustelle und für mich so ganz in Ordnung. „Aber das ist doch schön!“, rief die Bekannte auf meine eher mäßige Reaktion. Nicht „das finde ich schön“ oder „findest du das nicht schön?“, nein, „das ist doch schön!“

Und so etwas passiert leider häufiger. Als ich einer anderen Bekannten davon erzählte, dass ich mir Sorgen mache und auch vor einigen Dingen Angst habe, erntete ich ein: „Das geht schon noch weg!“ Eine andere Person reagierte in einer ähnlichen Situation mit der Aussage: „Ach, da wächst man rein!“

Na dann. Herzlichen Dank für diese Meinungen, die so schön generalisiert und verallgemeinert daherkommen. Und meine Ängste, Sorgen und grundsätzlich mein Empfinden entwerten. Natürlich habe ich nichts gegen aufmunternde Worte oder positive persönliche Erfahrungen. Ich habe aber ein Problem damit, wenn solche subjektiven Aussagen entpersonalisiert („man“) und generalisiert werden („das ist doch / wird noch“). Solche Aussagen helfen gar nicht. Genau das Gegenteil passiert, und ich fühle mich in meinem subjektiven Erleben nicht ernst genommen. Es ist, als würden meine subjektiven Gefühle außerhalb einer nicht näher definierten „ishaltso“-Norm liegen, und müssten damit nicht anerkannt werden.

Das lässt sich übrigens auch auf andere Lebensbereiche übertragen als auf Schwangerschaft. Ganz allgemein auf alle persönlichen Erlebnisse, Ängste, Sorgen, Beichten, …

Wie das besser ginge? Das ist gar nicht so schwierig. „Ich finde das schön!“, „Ich hoffe, dass das bald weggeht“ oder „Ich bin da reingewachsen, das wünsche ich dir auch.“

Bitte. War doch gar nicht so schwer.

Nein, das Geschlecht sag‘ ich nicht!

Es ist ein wiederkehrendes Ritual: Wenn ich sage, dass ich schwanger bin, kommt unweigerlich, beinahe sofort die Frage: „Und, was wird es?“

Tja, was wird es? Ein Mensch, denke ich. Gesund, hoffen wir. Sehr agil, so fühlt es sich an. Waage, wenn es nach Plan geht. Blauäugig, wenn da nicht die 4%ige Restwahrscheinlichkeit für grüne Augen wäre. Weiß, weil die Eltern weiß sind.

Was die Fragenden aber wissen wollen, ist immer das Geschlecht. Dabei interessiert sie nicht die Geschlechtsidentität, nein, die sogenannten äußeren Geschlechtsmerkmale wollen sie erfahren (als wäre die Antwort auf „Penis oder Vagina?“ eine erschöpfende Antwort auf die Vielzahl aller chromosomalen, gonadalen, hormonellen oder anatomischen Möglichkeiten)¹. Bisher haben wir diese Frage nicht beantworten können, weil wir es selbst nicht wussten. Seit heute haben wir eine ärztliche Meinung dazu, werden sie aber nicht weiterkommunizieren. Die ersten erschütterten „Was!? Wieso sagt ihr das nicht??“ oder „Wie gemein von euch!“ habe ich heute schon gehört.

Spitzmorchel

Äußere Geschlechtsmerkmale (Symbolbild).

Die offenbare Wichtigkeit der Antwort auf diese Frage lässt tief in unsere Gesellschaft blicken. Wieso ist das Geschlecht das, was alle interessiert? Damit schon früh gegenderte Geschenke (vgl z.B. hier, hier, hier oder hier) gemacht werden können, um das Kind auf „seine*ihre Rolle in der Gesellschaft“ vorzubereiten? Damit das Kind entsprechend des Klischees rosa oder hellblau angezogen werden kann, auf dass jede Person auf den ersten Blick erkennt, wie das Kind zu behandeln ist, bei welchen „abweichenden“ Handlungen es ja zu tadeln und bei welchen es geschlechtskonform zu bestätigen ist? Damit sich schon vorab über mögliche Berufsperspektiven Gedanken gemacht werden kann? Damit man weiß, ob es möglicherweise ein gutes heteronormatives Pärchen mit dem eigenen Kind abgeben könnte?

Damit man sich entweder besonders, oder eben weniger freuen kann?

Nein, das Geschlecht sagen wir nicht. Es wird schwer genug werden, dem Kind alle Wege offen zu halten, die es beschreiten möchte, in einer Gesellschaft, die einige Wege rosa und andere hellblau pflastert, und dabei auch noch unterschiedliche Hindernisse in den Weg legt. Es wird schwer genug werden, nach der Geburt ein Gegengewicht zu leben, Alternativen aufzuzeigen, und immer wieder zu sagen: „Es geht auch anders, das ist nur eine von vielen, vielen Möglichkeiten!“ Damit müssen wir nicht schon vorher beginnen.

¹: Nachtrag und Klärung des missverständlichen Begriffs „anatomisches Geschlecht“.